Neue Süßigkeiten
(Auflage: 100 Exemplare)
Art.Nr.000/100
Es war nämlich so, daß für einige Jahre ganze Sortimente von Gardinen-Ringen, Ösen, Haken, Dübeln, Polsternägeln und vielen anderen handwerklich einzusetzenden Massenartikeln in einer Schneiderwerkstatt um mich waren. Wie das? Das ist weniger bedeutsam. Daß es derart viele waren, die indes einem gezielten, einzelnen Einsatz entgegenlagerten in ihren Tüten, Schachteln, Vorratswannen, das war bedeutsam. Daß sie eine eigene Faszination in ihrer cleveren Durchdachtheit und zugleich stupenden Einwegnutzung ausübten, zwischen konzentrierter Einsetzbarkeit und jener Mißachtung, in der man einem bei der Verrichtung auf der Leiter aus den Fingern gefallenen Dübel nicht nachsteigt, sondern einen neuen aus der Packung fingert, das war zu verfolgen. Verarbeitungsbeiläufigkeit und Wegwerfwert.
Damit wuchs die Aufmerksamkeit für diesen Materialtyp, für das Verbrauchsmaterial, das Hilfsprodukt. Halbzeuge hatte mein Großvater, Schlosser, derlei genannt, wenn aus Messing, Eisen, Stahl, wenn gegossen, gepreßt, gedreht, wenn als Muffe, Flansch, Manschette von etwas größere, handlicher Abmessung, Fittinge ein anderes Wort dieser Welt der faustgroßen, stabilen Metallware. Hingegen aus Plastik, Stoffstücken, Gußmaterial ein Wust von Zeug, das zur Herstellung von Jalousien, Wandbespannungen, Möbelbezügen zu Einsatz kommt. Befestigung, Verzierung, Funktionsteil. Hunderte Sorten, Vorräte in Tausenden, Millionenprodukte. Im Medizinbereich, in der Gastronomie, im Handwerk ohnehin. In der Kfz-Wartung, im Verpackungsbereich, im Handel.
Was in Dutzenden, Hunderten, Tausenden in Wänden, Decken, Böden verschwand, vernäht wurde, zu verkleben war, hatte seinen sekundenkurzen Auftritt, kaum wahrgenommenen Einsatz, in Verschwinden führende Nutzung, und weg. Nägel, Schrauben, Muttern. Unterlegscheiben, Spannringe, Pflaster. Kanülen, Tamponaden, Schlauchklemmen. Dichtungsringe, Kauschen, Kabelverbinder. Aderendhülsen, Polschuhe, Sicherungssplinte. Schäkel, Bolzen, Tuckerkrampen. Stecknadeln, Reißzwecken, Büroklammern. Tintenpatronen, Karteikarten, Parkettkeile. Genug. Wie diesen Stückgutfluten einen Ausdruck verleihen?
Es traf sich, daß es andere Darreichungsformen gibt, Tüten und Päckchen für den verlockenden Verbrauch abseits von Baustelle und Werkbank. Die größte Verbrauchsstelle sind wir selbst. Insonders Süßigkeiten haben ihre eigenen Formen und Verpackungsweisen, die zumal auf Einblick, jedenfalls auf das Produkt, setzen. Sichtfenster, Klarsichtverpackung,
Obendrein wird im Bereich Tüte, durch eine Standardisierung des Namens Euro-Stanzung oder Euro-Loch, eine Warenpräsentation und Ausstellung gepflegt, welche der von Verbrauchsmaterialien im Baumarkt ähnlich ist. Aufhängung der Tüten in ganzen Regalfluchten. – Die Süßigkeiten-Tüte eröffnete Möglichkeiten der Verschiebung, die dem Verbrauchsmaterial neue Bühne böte.
Sich in den Abpackungs-, in den Auffüllprozess einzuschalten, wäre Projekt für sich. Eine Vorgehensweise zur vorsichtigen Öffnung der Plastiktüten ließ sich finden, chirurgische Konzentration bei Schaffung der Zugänge. Stückweise Befüllung, auch bei kleinsten Elementen und größten Tüten. Versiegelung. Zurüstung eines Rahmens mit Warenregal-Halter. – 200 Exemplare schien einem Super- oder Baumarkt nicht zwar nahzukommen, aber doch den Produktpaletten gemäß. Und die Produktpalette erweiterte sich zusehends, befeuert von der Aufmerksamkeit für den Aspekt Verbrauch.